Die Klima- und Biodiversitätskrise löst bei vielen Menschen eine Vielzahl negativer Gefühle aus. Gerade junge Menschen sind durch die düsteren Zukunftsaussichten auch nach den Erkenntnissen der neuen Jugendstudie von Hurrelmann et al. extrem belastet. Inzwischen spricht man gar von einer Mental Health Crisis in Young Adults. Dies können wir in der Schule nicht ignorieren, es ist wichtig, dass wir junge Menschen mit diesen Sorgen nicht allein lassen.
Am wirksamsten wäre vermutlich eine konsequente Klimapolitk, die den Jugendlichen zeigt, dass Politik und Gesellschaft willens sind, ihre Lebensgrundlagen zu schützen. So lange dies jedoch weiterhin auf sich warten lässt, ist es unsere Aufgabe, die Scherben aufzusammeln.
Hier einen Kurzüberblick über die verschiedenen Gefühle, die mit der Klimakrise einhergehen können. Die lange Version gibt es weiter unten im PDF-Format.
Angst
„Starr vor Angst sein“ kennt man vielleicht. Sie lähmt und macht einen handlungsunfähig. Angst kann durch äußere Reize, aber auch durch eigene Gedanken getriggert werden. Bei Angst reagiert der Körper mit z.B. Herzrasen, schneller Atmung und einer ganzen Ladung Stresshormonen.
Hoffnung
„Das ist wie ein Lichtblick.“ Hoffnung ist, wenn man Aufatmen kann. Weil man spürt, dass vielleicht doch alles gut wird. Weil es doch eine Lösung gibt. Hoffnung regt sich wie ein zartes Pflänzchen im Herzen.
Wut
„Wütend wie ein Stier“ oder „Überkochen wie ein Dampfkochtopf“ sind häufig verwendete Sprüche, wenn man Wut beschreiben will. Da ist also viel Wumms drin, es ist ein starkes und machtvolles Gefühl. Es ist außerdem häufig das erste Gefühl, bevor andere Gefühle hervortreten (dürfen/können).
Kontrolliert Wut ist ein wichtiges Gefühl, weil es zeigt, wo eigene Grenzen übertreten werden oder wo etwas nicht so läuft, wie man es moralisch für richtig hält.
Trauer/Solastalgie
Trauer gibt es in trocken und nass. Weinen kann ein Zeichen für Traurigkeit und Trauer sein. Weinen ist dann das Überlaufventil für die Seele und „reinigt innerlich“. Trockene Trauer fühlt sich eher wie eine Erstarrung an oder wie ein Zombie – man ist auf Autopilot, spürt wenig und vergräbt sich tief in sich selbst. Freude und andere Gefühle dringen nicht mehr zu einem durch.
Im Rahmen der ökologischen Krisen wurde sogar ein neues Gefühlswort erfunden: Solastalgie meint die Trauer um unsere liebgewonnene natürliche Umgebung, die wir etwa durch die Folgen der Klimakrise verlieren können.
Hoffnungslosigkeit
Hoffnungslosigkeit fühlt man meist dann, wenn alle Mittel ausgeschöpft scheinen, man allein und machtlos ist und an der Situation nichts mehr verändern kann. „Man sieht keinen Ausweg mehr“. Man fühlt sich schlapp, antriebslos, müde, freudlos.
Mut
„Mutig wie ein Löwe“ – darunter können sich vermutlich alle etwas vorstellen. Man steht ein für sich, andere oder Themen. Man fühlt sich körperlich und seelisch gut, kraftvoll und in der Lage, etwas Herausforderndes anzugehen. Tschakka!
Schuld und Scham
Wenn das fiese Teufelchen auf der Schulter flüstert: „Schäme dich. Wie konntest du nur…“ Schuld und Scham sind äußerst komplexe Emotionen, weil sie stark mit den gesellschaftlichen Strukturen, in denen wir Leben, gekoppelt sind. Schuld und Scham können Menschen ganz klein werden lassen und sie glauben lassen, sie seinen wertlos oder falsch.
Freude und Verbundenheit
„Gemeinsam sind wir stark“. Freude ist ein leichtes Gefühl, blubbert vielleicht im Bauch oder Herz. Und Verbundenheit kann sich anfühlen wie eine Umarmung. Der Mensch als soziales Wesen braucht häufig Verbundenheit mit einer Gemeinschaft, mit dem Umfeld, um sich gut zu fühlen.
Vielen Dank an Hannah und Anika von den Psychologist for Future für die Formulierung der Texte.
Comic-Reihe im Postkarten-Format
Doch über Gefühle sprechen ist nicht so leicht. Die Studentin und Künstlerin Anne-Ly Redlich hat eine Comic-Reihe gestaltet, die sich thematisch mit den Sorgen und Ängsten junger Menschen auseinandersetzen. Die Comic-Reihe (insgesamt 10 Postkarten mit jeweils unterschiedlichen Motiven) kann über den unterstehenden Link angefordert werden und wird gegen eine kleine Spende verschickt. Sie eignet sich besonders zum Einsatz im Unterricht, kann aber auch gerne für private Zwecke genutzt werden.
Rückseite der Postkarten
Zur Comicreihe
Hanne und Mica
Unsere Welt ist oft schwer zu verstehen. Sie ist schön und schrecklich. Oft weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Aber alles ist leichter, wenn man wen hat, der sich zu einem setzt in die Verwirrung. Hanne und Mica kommen jedenfalls klar. Irgendwie.
Weitere Informationen zu Anne-Ly und ihren Comics gibt es hier. Dort findest du auch alle ihre Comics und kannst einen ersten Blick auf die Motive werfen.
Bestellung
Die Comic-Reihe (ein Set bestehend aus 10 Motiven) ist im quadratischen Postkartenformat gedruckt. Die Bestellung kann über folgenden Link getätigt werden:
Gemeinsam mit Lea Dohm von den Psychologists for Future haben wir im Dezember 2022 die Online-Fortbildung „Klimagefühle in der Schule“ angeboten. Die gesamte Fortbildung gibt es als Aufzeichnung auf unserem YouTube-Kanal zum Nachschauen.
Klimagefühle: Wie wir an der Umweltkrise wachsen, statt zu verzweifeln | Die „Psychologists for Future“ über die psychologischen Folgen der Klimakrise
„Wir alle verdrängen täglich die Klimakrise. Oder vielmehr: die damit verbundenen Gefühle”, wissen die beiden Gründerinnen der “Psychologists for Future” Lea Dohm und Mareike Schulze. Und die Verdrängung von starken Gefühlen wie etwa Angst, Trauer und Wut ist bis zu einem gewissen Grad sogar notwendig, denn die unmittelbaren Folgen der Klimakrise sind bedrohlich und erschütternd. Sie stellen unser gesamtes Leben in Frage und tangieren so in hohem Maße unser Sicherheitsgefühl. Die Sorge ums Klima schlägt uns mit aller Gewalt auf die Psyche; sie lähmt, frustriert und “raubt” uns unsere wichtigen emotionalen Kapazitäten. Wir wissen, wir müssten uns im Kampf gegen die Klimakrise mehr engagieren, und kämpfen mit Schuldgefühlen. Wir werden aktiv und sind frustriert, weil unser Einsatz – wie so oft – am Ende nichts verändert. Und die Krise schreitet weiter voran.
Inzwischen sehen sich viele Menschen mit starken Gefühlen wie der Klima-Angst, aber auch mit Wut, Frust, Hoffnungslosigkeit und Trauer ums Klima konfrontiert. Sie fühlen sich hilflos und überfordert. Nicht wenige haben solche Angst vor der Zukunft, dass sie keine Kinder mehr bekommen wollen. Wie man diese Menschen beruhigt, sie auffängt und welche Ratschläge man ihnen am besten an die Hand gibt, wissen die beiden Psychotherapeutinnen und Gründerinnen der “Psychologists for Future”. In ihrem fundierten und praxisnahen Ratgeber teilen sie ihre Strategien für einen gesunden Umgang mit den eigenen Klima-Gefühlen und zeigen, wie man trotz Klimakrise psychisch gesund bleibt. Weil wir die Erde nur dann retten können, wenn es uns selbst gut geht!
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Mojib Latif und Beiträgen von Dr. Eckart von Hirschhausen, Carola Rackete, Özden Terli, Gregor Hagedorn, Stefan Rahmstorf und Harald Lesch.
Auch viele Eltern sorgen sich um die Zukunft ihrer Kinder. Manche sind verunsichert: Einerseits wollen sie ihren Kindern eine unbeschwerte Kindheit ermöglichen, andererseits gut auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. Die Kinder von heute werden große Veränderungen ihrer Lebensbedingungen erleben, die beschleunigt auftreten und die modernen Gesellschaften vor tiefgreifende Herausforderungen stellen. Die Klimakrise ist die am meisten präsente, aber auch andere ökologische Grenzüberschreitungen wie das Artensterben sowie soziale Fragen sind vor dem Hintergrund der beschleunigten Digitalisierung und Globalisierung existentiell. Die Entwicklung, die diese Probleme nehmen werden, ist kaum voraussehbar. Wie also können Eltern ihre Kinder darauf vorbereiten, Belastungen unbekannter Art zu meistern? Wenn Kinder und Jugendliche von der Ernsthaftigkeit der Klimakrise erfahren und gleichzeitig nicht sehen, dass die Erwachsenen konsequent genug handeln, können Ängste, Frustration und Wut entstehen. Viele haben das Gefühl, dass sie die Erwachsenengeneration im Stich lässt. Die gute Nachricht ist, dass Eltern, Großeltern oder auch andere Erwachsene, die sich um die junge Generation sorgen, eine entscheidende Rolle dabei spielen können Kindern und Jugendlichen zu helfen, mit dem Wissen über die Klimakrise umzugehen.
Die Psychologists for Future haben Tipps zusammengestellt, wie Sie es schaffen können besser auf die Fragen, Gefühle und das Engagement junger Menschen in Bezug auf das Klima einzugehen.
Die Psychologists for Future bieten eine spezielle Beratung für Engagierte in der Klimakrise an. Die Psychologists haben ein umfassendes Unterstützungangebot, sodass jede:r die Hilfe bekommt, die gebraucht wird. Weitere Informationen gibt es hier.
Wir selbst haben die Erfahrung gemacht, dass besonders das Aktiv-werden in einer Gemeinschaft unsere Klimaängste lindern können. Wenn du dich also alleine fühlst, kontaktiere uns sehr gerne. Wir freuen uns, wenn du in einer unserer Ortsgruppen andocken möchtest oder uns sogar auf der Bundesebene unterstützen möchtest. Denn: Du bist nicht allein!
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